Psychotherapie für Eltern von Säuglingen und Kleinkindern
„Der Hunger des kleinen Kindes nach Liebe und Gegenwart seiner Mutter ist so groß wie der Hunger nach Essen.“
John Bowlby
Ein schreiender Säugling, der sich nur schwer beruhigen lässt und kaum auf Angebote reagiert, kann bei Eltern Gefühle von Hilflosigkeit, Ohnmacht und Angst auslösen. Spätestens wenn sich Gefühle wie Aggression und Wut dazumischen, sollten Sie sich Unterstützung holen, denn die Ursachen können vielfältig sein.
Was Eltern brauchen:
Das Gefühl, intuitiv und feinfühlig auf die Bedürfnisse ihres Kindes eingehen zu können, es begleiten zu können und hilfreich zu sein.
Wenn es im Flugzeug zu einem Druckabfall kommt und die Sauerstoffmasken herunterfallen, bekommt man die Anweisung, sich zuerst als Erwachsener mit dem Sauerstoff zu versorgen, dann erst den Kindern zu helfen. Ähnlich verhält es sich mit dem Elternsein. Ich kann nichts mehr geben, wenn mir die Luft ausgeht. Umso wichtiger ist es, dass wir als Eltern lernen, gut auf uns zu achten. Es ist die unabdingbare Voraussetzung, unsere Feinfühligkeit und elterliche Intuition aufrechtzuerhalten.
Probleme, die im Säuglings- und Kleinkindalter auftreten können, werden unter dem Begriff „Regulationsstörungen“ zusammengefasst. Dazu zählen:
Scheinbar unstillbares Schreien, dem keine ausreichend langen Ruhephasen folgen, kann für Eltern und Kind zur Zerreißprobe werden und mit der Zeit zu einem enormen Leidensdruck heranwachsen.
Wenn ein Kind an mindestens 3 Tagen der Woche, für mindestens 3 Stunden schreit und das über mehr als 3 Wochen hinweg, spricht man umgangssprachlich von einem „Schreibaby“.
Ein- und Durchschlafschwierigkeiten sind bei Säuglingen durchaus normal. Dennoch ist es einem Baby schon viel früher als gedacht möglich, selbstreguliert in den Schlaf zu finden. Als Eltern kann man diese Selbstberuhigung beim Kind fördern, wodurch sich die aufwendigen elterlichen Einschlafhilfen reduzieren und sich das Kind als selbstwirksam erlebt.
Rund 70 Prozent der 4 Monate alten Säuglinge sind in der Lage, bei entsprechend befriedigten Grundbedürfnissen und ausreichender Müdigkeit selbst in den Schlaf zu finden.
Frühkindliche Fütterstörungen sollten ernst genommen und frühzeitig behandelt werden. Kinder essen hierbei entweder zu wenig, hoch selektiv oder zeigen beim Essen eine angstgetönte Abwehr. Es kann dadurch zu einer Mangelernährung kommen, die Eltern meist mit einer großen Sorge um das kindliche Wohl zurücklassen. Ursachen für eine frühkindliche Fütterstörung können sehr vielfältig sein und bedürfen einer aufmerksamen Diagnostik.
Trennungsangst belastet die Eltern-Kind-Beziehung und beeinflusst die normale Autonomieentwicklung des Kindes. Dabei zeigen Kinder Schwierigkeiten bei der Selbstberuhigung und Emotionsregulierung. Dieses Verhalten ist ein Hinweis auf noch nicht ausreichend bewältigte Schritte der Ablösung und hängt oft mit unbewussten elterlichen Trennungsängsten zusammen. Es gilt dem Kind dabei zu helfen, auf seine eigenen Fähigkeiten und Bewältigungsmöglichkeiten zu vertrauen.
Die „Autonomiephase“, umgangssprachlich auch „Trotzphase“ genannt, ist jedem Elternteil ein bekannter Entwicklungsschritt, der seine Hochphase im 2. Lebensjahr des Kindes hat. Trotzen hat nichts mit „nicht folgen“ zu tun, sondern ist ein Ausdruck des Nichtgelingens der emotionalen Regulation von Frustration. Dabei kann es auch zu oppositionellen oder aggressiven Verhaltensmustern kommen.
Wenn ein Kind mindestens 3 Trotzanfälle pro Tag, von jeweils min. 15 Minuten Dauer zeigt, spricht man vom persistierenden (anhaltenden) Trotzen.
Kinder unter 3 Jahren schreibt man meist noch kein aggressives Verhalten zu, weil sie die Dinge noch nicht besser bewältigen können. Ob das Verhalten professioneller Hilfe bedarf, ergibt sich aus dem Leidensdruck von Eltern und Kind. Manchmal braucht es Unterstützung und neue Ideen, um aus dem negativen Abwärtsstrudel wieder herauszufinden.
Spielen gehört, ebenso wie die Bindung, zu den elementaren Grundbedürfnissen eines Kindes. Denn Kinder sind von Natur aus neugierig, wollen explorieren und verstehen. Damit üben sie den Umgang mit Frustration und Erfolg, erlernen Kompetenzen und Selbstwirksamkeit. Damit ein Kind sich auf das Spielen einlassen kann, braucht es Geborgenheit und emotionale Sicherheit. Voraussetzung dafür ist eine gute Kommunikation zwischen Eltern und Kind.
Quelle: Cierpka M. (2015) Regulationsstörungen. Beratungen und Psychotherapie für Eltern mit kleinen Kindern.